HCS Human Capital SystemVirtuelles Lebenswerk von Heinrich Keßler, Appenweier
Kontext: Gedanken und Nachdenkliches


Kontext: Gedanken und Nachdenkliches

Rückseite. Spiegelbild. Gegenbild.

Begriff, geschaffen von Heinrich Keßler am 09.02.2015

Die Rückseite ist nicht der Schatten. Sie ist lediglich eine andere Erscheinung aus einem anderen Blickwinkel.

Die Rückseite ist nicht das Verborgene, nicht das Geheime, sondern "nur" das Uneinsichtige, das sich aus dem Blickwinkel und dem Standpunkt der aktuellen Betrachtung ergibt.

Es ist nicht möglich, die Vorderseite und die Rückseite gleichzeitig zu erkennen.

Wird "hinter" dem betrachteten Objekt ein Spiegel aufgestellt, zeigt der Spiegel das Spiegelbild der Rückseite - seitenverkehrt. Für das Spiegelbild ist die Rückseite die Vorderseite, die ihrerseits zur Rückseite der im Spiegel betrachteten Rückseite wird.

Die Rückseite ist die Vorderseite aus dem gegenüberliegenden (gegenteiligen) Blickwinkel und Standpunkt.

Es gibt keine Möglichkeit, aus der Vorderseite auf die Rückseite zu schließen oder sie abzuleiten.

Die Rückseite kann nicht gestaltet werden: sie ergibt sich von selbst aus der Vorderseite.

Ist die Vorderseite verschwunden, gibt es auch keine Rückseite mehr.

Bei Körpern (Gestalten, Figuren) kann die Rückseite der jeweiligen offensichtlichen Vorderseite verborgen (uneinsichtig) bleiben: Die "Rückseite" (der jeweiligen Vorderseite der Körper) befindet sich "im Innern" des Körpers.

Wird ein Körper durchleuchtet, zeigen sich nur die Oberflächen, welche zurückspiegeln, wo das Leuchtmittel nicht mehr durchdringt uns deshalb zurückgeworfen wird: Sichtbar wird eine Vorderseite, deren Rückseite unverändert uneinsichtig ist.

Wird etwas durchdrungen, wird zwar der Hintergrund sichtbar. Er ist jedoch der Rahmen oder die Oberfläche, also eine Vorderseite, deren Rückseite wiederum nicht einsehbar ist und bleibt.

Was bei Gestalten üblicherweise als "Rückseite" bezeichnet und betrachtet wird, ist lediglich die Vorderseite der Gestalt aus einem anderen Blickwinkel auf dieselbe.

Beim Würfel wird als "Rückseite" der "6" die "1" angesehen und umgekehrt. "6" und "1" sind jedoch Flächen des Würfels, also Oberflächen und damit Vorderseiten. Die Rückseite der Fläche "6" bleibt ebenso uneinsichtig wie die Rückseite der Fläche "1". Analog gilt dies auch für die Zahlenpaare "5" und "2" und "4" und "3".

Das Würfelspiel ist auch deshalb so beliebt, weil "die Rückseiten" der Zahlenwerte bekannt sind. Das Spiel erlaubt, mit "bekannten" Rückseiten zu spielen. Die Überraschungen sind also begrenzt und erscheinen mitunter sogar beherrschbar: Jeder hat seine Tricks, mit welchem es gelingen sollte, eine "6" zu würfeln.

Die Rückseite der Würfelflächen liegt im Innern des Würfels. Wird versucht, die unmittelbare Rückseite zu erkennen, wird der Würfel zerstört: Er löst sich in lauter neue Oberflächen und damit Vorderseiten auf.

Eine andere Betrachtungsweise:

Es geht auch umgekehrt: Der Würfel, besser: die gewürfelte Zahl spiegelt die Betrachtungen. Durch Würfeln wird zur Vorderseite und damit offensichtlich und beobachtbar, was mit den Zahlenwerten verbunden wird. (Beispiel: "13" sei eine "Unglückszahl" oder die "7" eine "Glückszahl").

Die Spielregeln beschreiben die Bedeutungen der Würfelzahlen. Dadurch werden die Spielregeln zu "Rückseiten" der Zahlenwerte der Würfel, jedoch nur im Spiel. Aus dem Verhalten der Spieler lässt sich erkennen, welche "Rückseiten" des Zahlenwertes des Würfels "im Spiel" sind. Der Spieler "kennt" den Zahlenwert, die Bedeutung des Zahlenwertes und das Spiel.

Aus der Art und Weise, wie der Würfel eingesetzt wird, ist auch die Art des Spiels zu erkennen.

Eine Spielesammlung von Würfelspielen, zeigt auch, welche Spiele bevorzugt werden, beherrscht werden, gespielt, vermieden oder abgelehnt werden. Vorderseiten und die durch die Spielregeln zugewiesenen Rückseiten der Würfel werden offensichtlich. Sie zeigen sich in der Art und Weise, ob und wie die Würfel eingesetzt werden und was die Würfelseiten und die Würfelergebnisse im jeweiligen Spiel bedeuten.

Es sind potenziell immer alle Spiele aus der Spielesammlung möglich. Auch neue, wenn sich Spieler einfinden und sich auf ein Spiel und die Regeln einlassen. Die vereinbarten Regeln werden so zur Rückseite der Spieleinsätze.

Noch eine andere Betrachtungsweise:

Jedes Bild, Symbol, jede Gestalt, jede Figur zeigt die Vorderseite. Wird sie "gedreht", zeigt sie die Rückseite: Einem Bilderrahmen ist nicht anzusehen, welches Bild er (auf der Vorderseite) zeigt. Die ursprüngliche Vorderseite wird zur Rückseite. Wird sie (die Rückseite) betrachtet, besteht keine Möglichkeit, sicher zu sein, dass die Vorderseite der jetzt betrachteten Rückseite auch (noch oder bereits) jene Vorderseite zeigt, von welcher die aktuell betrachtete Rückseite betrachtet wird: Die zur Rückseite gewordene Vorderseite bleibt uneinsehbar.

Einem Rohling ist nicht anzusehen, welche Figur in ihm verborgen ist, die ein Künstler aus dem Rohling herauslösen kann.

Noch etwas komplexer (oder einfacher): Kunst.

Was für den Würfel und vereinfacht auch auf die sechs Würfelseiten (Zahlen) und den Würfel selbst sich übertragen lässt, wird bei Kartenspielen unendlich komplex.

Die Kunst besteht häufig in der Gabe, die Rückseite des Offensichtlichen aufzudecken, so dass sie zur Vorderseite wird und betrachtet, erlebt oder zumindest interpretiert werden kann.

Die Kunst wird durch den Betrachter erzeugt, indem er in sich selbst einen Spiegel oder gar die "Rückseite" für das angebotene Vordergründige bildet. Wie z.B. jetzt in diesem Augenblick, in welchem der offensichtliche Bildschirm die "Rückseite des Betrachtenden" bildet. Oder der Bildschirm "spiegelt den Betrachtenden, indem Archetypen, Erlebnisse, Erfahrungen, Erkenntnisse, Emotionen, Assoziationen, Tabus ausgelöst, konfrontiert oder betrachtet werden (können), indem sie "auf den Tisch" kommen.

Es ist deshalb nicht möglich, etwas zwei Mal mit denselben Augen zu betrachten: "Es" ist immer anders. Die jeweiligen Betrachtungen sind jedoch weder "richtiger" noch "falscher". (Das gilt auch für den offensichtlichen Inhalt des aktuellen Bildschirms: Auch wenn sich "auf dem Bildschirm" nichts ändert, ist er für die betrachtende Person jedes Mal mit "einem anderen Inhalt" gefüllt, welche "die Rückseite" von sich selbst spiegelt.)

Mahnungen:

Rückseiten und Vorderseiten sind nicht polar. Sie sind ein und Dasselbe. Das Spiegelbild ist keine Täuschung, sondern eine Einsicht und eine Draufsicht auf den eigenen Blickwinkel.

Entstehung der Zeit:

Es braucht Zeit, um von der Vorderseite zur Rückseite und umgekehrt zu wechseln. Erst "mit der Zeit"  ist ein Wechsel zwischen den Betrachtungen von Vorderseiten und Rückseiten möglich. Der Wechsel der Standpunkte und Blickwinkel geschieht in der Regel unmerklich. Im jeweiligen "JETZT" erscheinen jedoch immer nur die Vorderseiten. Alles was "früher" war oder erst "später" sein wird, sind letztlich "Rückseiten des Jetzt" (und umgekehrt).

Bewertungen:

Es ist nicht möglich, die Unterschiede zwischen Vorderseiten und Rückseiten festzustellen, ohne irgendwelche Bewertungen vorzunehmen. Bewertungen sind jedoch immer nur aus einem bestimmten Blickwinkel und Standpunkt heraus möglich: Die Sicht ist immer auf die Vorderseite (Oberfläche) eines Objektes gerichtet, welches sich in einem gewissen Abstand zum Betrachter befindet.

Bewertungen sind immer selektiv, subjektiv, begrenzt, gefiltert: Sie sagen eher mehr über die Bewertung und die Bewertenden aus als über das Bewertete.

Eindruck und Ausdruck:

Die Rückseite des Eindrucks ist der Ausdruck und umgekehrt: Die Erhabenheit ist die Rückseite des Vertieften. Das Konkave ist die Rückseite des Konvexen. Das Tal ist die Rückseite des Berges. Die Rechtskurve ist die Linkskurve auf dem Rückweg.

...und jeweils umgekehrt.